Pflegegutachten

Im Pflegegutachten wird der Pflegegrad und diverse Details zur Pflegebedürftigkeit – oder deren Nichtvorhandensein – festgestellt. Das Pflegegutachten wird in den allermeisten Situationen vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) beziehungsweise im Fall privater Pflegeversicherungen zumeist die eigens dafür gegründete Medicproof GmbH erstellt. Beide Einrichtungen sind unabhängige Organe, die den gleichen Maßstäben unterliegen und die in der Prüfung sehr ähnlich vorgehen. In seltenen Fällen werden andere unabhängige Gutachter mit dem Pflegegutachten beauftragt.

Zur Einschätzung macht der Gutachter einen Hausbesuch beim Antragsteller, wo anhand des Einzelfalls gemäß festgelegter Begutachtungsrichtlinien beurteilt wird, ob sämtliche Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit zutreffen und welcher Pflegegrad vorliegt. Dafür wird vor Ort festgestellt, in welcher Form und in welchem Umfang die pflegebedürftige Person Hilfe benötigt. Anhand eines Fragenkatalogs und der Beschau wird der jeweilige Zeitbedarf für die persönliche Pflege ermittelt. Im Bereich der Grundpflege betrifft das die Körperpflege, die Ernährung, das Ausscheiden und die Mobilität. Zusätzlich wird die Hilfsbedürftigkeit bei der hauswirtschaftlichen Versorgung im Pflegegutachten erfasst. Neben den rein zeitlichen Aspekt ist der eigentliche Kern der Beurteilung der Grad der Selbstständigkeit, mit der die pflegebedürftige Person bestimmte Tätigkeiten verrichten kann.

Auf den Hausbesuch seitens des Gutachters kann nur dann verzichtet werden, wenn anhand einer eindeutigen Aktenlage die Einstufung in einen Pflegegrad vorgenommen werden kann. Dieser Vorgang ist allerdings selten, sodass Sie sich auf einen Hausbesuch des Gutachters einstellen sollten.

Unter den Bewertungsrichtlinien befinden sich sogenannte Zeitkorridore, innerhalb derer sich bestimmte pflegebedürftige Tätigkeiten bewegen. Grundlage für den festgesetzten Zeitraum ist die Zeit, die eine nicht-professionelle Pflegehilfe benötigen würde. Diese Vorgaben sollen ein einheitliches Bewertungsschema sicherstellen und gleichzeitig individuelle Besonderheiten der oder des Pflegebedürftigen berücksichtigen.

Die festgelegten Zeitkorridore sind beispielsweise für die Grundpflege betreffende Tätigkeiten:

  • Pünktliche Einnahme der richtigen Medikamente kontrollieren
  • Auf ausreichende Flüssigkeitsaufnahme achten
  • In Notfällen den Notarzt und die Familie kontaktieren
  • Unterstützung bei der Körperpflege: Zähne Putzen, Haare kämmen
  • Waschen, Schminken, Rasieren, Eincremen
  • Unterstützung beim Duschen oder Baden
  • Schneiden von Fuß- und Fingernägel
  • Unterstützung beim Aufstehen oder zu Bett gehen
  • Mobilitätsübungen ausführen
  • Hilfe beim An- und Auskleiden
  • Hilfe bei Toilettengängen
  • Inkontinenzversorgung
  • Mundgerechtes Zubereiten der Speisen
  • Hilfe bei der Nahrungsaufnahme
  • Hilfe beim Treppensteigen und beim Gehen
  • Führen des Rollstuhls oder Anreichen des Rollators
  • Nach Absprache auch Unterstützung in der Nacht